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Frauen. Da geht noch was!

Wir sind Heldinnen unserer eigenen Geschichte!

Wenn am 8. März 2019 wieder auf der Straße Rosen verteilt, im MDR eine Ostfrauen-Serie gestartet oder mehr T-Shirts der großen Modeketten auf denen „girlpower“ steht zu sehen sind, dann ist Weltfrauentag. Dies ist kein Text, der sich komplett gegen die Rituale dieses Tages richtet. Im Gegenteil. Dies ist ein kurzer fröhlicher Text darüber, warum es nicht nur am 8. März selbstverständlich sein sollte, Frauen auf Augenhöhe zu begegnen, Chancengerechtigkeit zu leben und ja: Eine Quote für Frauen einzuführen!

An letzterem scheiden sich die Geister am meisten. Wie sehr wir sie brauchen, sieht, wer in die Vorstandsetagen der deutschen DAX oder M-DAX-Unternehmen schaut. Wie sehr wir sie brauchen, sieht, wer in die Chefetagen von Universitäten, Krankenhäuser oder auch Landesverwaltungen, schaut. Wenn wir gerade im Osten eine überdurchschnittliche Frauenerwerbsquote von 75 Prozent verzeichnen, dann ist die Unterrepräsentation von Frauen in Spitzenpositionen durch nichts zu rechtfertigen. Warum stoßen also Frauen an die gläserne Decke? Und warum steht immer noch zu oft unkommentiert der Satz im Raum: „Die traut sich das eben nicht zu.“

Die schöne heile Vorstandsetagen-Männerwelt leistet sich doch auch dieser Tage wieder den ein oder anderen Offenbarungseid. Gerade postete ein großes Immobilienunternehmen bei Twitter ein Bild mit fünf Herren im Anzug. #Weltfrauentag – der Vorstand spricht über weibliche Vorbilder. Ich hielt das für einen Scherz. Inzwischen hat das Unternehmen die Texte über weibliche Vorbilder gelöscht. Diese waren gar nicht schlecht. Aber in welcher Welt leben wir (immer noch), wenn dem Vorstand eines global agierenden Unternehmens nicht auffällt, dass reden nicht reicht. Man stelle sich vor, fünf Frauen an der Spitze eines Finanzinstitutes würden über männliche role models schreiben. Das Unternehmen hätte zwar 30 Prozent Männeranteil, aber diese nur in den Vorzimmern oder als Assistenz-Stellen. Macht, Geld und Selbstverständnis einer gemeinsamen Gesellschaft sind nach wie vor verschieden verteilt.

Es ist nicht so, dass die Frauenbewegung nicht stolz sein könnte, auf das, was sie erreicht hat. Mary McCarthy hat recht, wenn sie einst schrieb: Wir sind Heldinnen unserer eigenen Geschichte. Dass Frauen immer kämpfen mussten und wie sie klug gekämpft haben, lässt sich derzeit wunderbar in Unda Hörners „1919 – Jahr der Frauen“ anekdotisch an Beispielen berühmter Frauen nachlesen. 1919 – Das ist das Jahr, in dem Frauen erstmal das Wahlrecht in Deutschland erhalten und sich auf allen Gebieten daran machen, ihr Leben selbst zu gestalten. Käthe Kollwitz wird erstmals in die Akademie der Künste berufen und Maria Juchazc hält ihre erste Rede im Parlament. Das war vor 100 Jahren, am 06. Februar 1919 im heutigen Deutschen Nationaltheater in Weimar. Und ich gebe zu, ich hatte Gänsehaut an jenem 06. Februar 2019, als Bundespräsident Steinmeier die Errungenschaften der Weimarer Reichsverfassung anlässlich des 100. Jährigen Jubiläums würdigte und das Bild von Maria Juchazc über der Bühne eingeblendet wurde. Sie wird mit fester Stimme den Satz gesagt haben: „Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf. …] was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit; sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“

Und es wäre heute eine Selbstverständlichkeit, nach dem Beispiel Brandenburgs auch bundesweit ein Parité-Gesetz einzuführen. Derzeit ist der Frauenanteil im Bundestag bei schlappen 31 Prozent. Das spiegelt eben nicht unsere Gesellschaft wider. Genau so wäre es eine Selbstverständlichkeit, bei der Debatte um §219a zu versachlichen. Natürlich muss es ein Recht auf Information zum Schwangerschaftsabbruch und deren Entkriminalisierung geben. Und es darf kein Grund sein, Greta Thunberg anzugreifen, nur weil sie als junge Frau das Gesicht einer neuen Jugendbewegung ist. Oder zweifle nur ich daran, dass sie mehr Akzeptanz gerade bei Älteren erfahren würde, wäre sie männlich?

Frauen und Männer sollen gleichberechtigt und partnerschaftlich leben können. Ein selbstbestimmtes Leben darf und kann in unserem wohlhabenden Land nicht vom Geschlecht abhängen. Dass gerade soziale Berufe, in denen Frauen überproportional arbeiten, schlechter bezahlt werden, halte ich für einen Riesenskandal. Ich habe einen Riesenrespekt vor jeder Krankenschwester und jeder Pflegerin im Altenheim. Ihnen gebührt nicht nur mehr Respekt sondern auch eine bessere Entlohnung.

Dass ich als junge Frau, dreifache Mutter und Ossi das Amt einer Ministerin bekleiden darf, ist eine Ausnahme. Ich bin mir dessen sehr bewusst. Umso mehr kämpfe ich entschlossen an der Seite jener Frauen, die unsere Gesellschaft gleichberechtigter und selbstbestimmter verändern wollen. Auch am 8. März. Ohne Rosen, dafür mit Diskussionsstoff in Weimar abends gemeinsam mit anderen starken grünen Frauen. Gleichberechtigung ist nämlich nicht nur eine Frage eines Tages oder Jahres. Sondern eine des 21. Jahrhunderts.