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Jeder Tropfen Wasser ist kostbar und alles andere als selbstverständlich

Es ist selbstverständlich für uns alle: morgens beim Anschalten der Kaffeemaschine, zwischendurch beim Zapfen am Wasserhahn zum Trinken und abends zum Zähne putzen: sauberes Wasser. Zu starke Nährstoffeinträge bspw. durch die Landwirtschaft, ein sinkender Grundwasserspiegel angesichts der Dürresituation 2018 oder Situationen wie 2013, als kleine Bäche zu reißenden Rinnsalen wurden, zeigen uns: nichts davon ist eine Selbstverständlichkeit. Weder die Qualität noch die Quantität für sauberes Wasser sind es.

Im Jahr 2010 nun hatte der Bund das Wasserhaushaltsgesetz novelliert. 2010 gab es die Notwendigkeit für die Länder, anzupassen. Getan hatte sich unter der CDU geführten Landesregierung bis 2014 nichts. Dann packten wir die Reform gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden an. Entstanden ist ein umfassendes Paket für sauberes Wasser, für soziale Gerechtigkeit im ländlichen Raum und für vorsorgenden Hochwasserschutz. Es war ein langer Weg. Panta rhei…

Zum ersten das Thema Abwasseranschlüsse: 80 Prozent Anschluss im ländlichen Raum an die öffentliche Abwasserversorgung, wobei der Bundesschnitt bei 96 Prozent liegt, das war der Stand. Nahezu alle anderen Haushalte verfügen über eine meist aus DDR-Zeiten stammende und eben nicht dem Stand der Technik entsprechende Kleinkläranlage. Nur 2 Prozent sind modernisiert worden. Es wird Zeit. Woran liegt das? Nach 2010 gab es einen drastischen Einbruch der Fördermittel an die kommunalen Aufgabenträger. Die 80-jährige ältere Dame, die alleine dafür zuständig sein sollte, im ländlichen Raum ihre Kläranlage zu bauen, wurde quasi alleine gelassen. Diese schlechte Anschlussquote im ländlichen Raum, damit haben wir Schluss gemacht.

Ein Beispiel aus Quirla in der Nähe von Stadtroda. Dort leben 500 Einwohnerinnen und Einwohner. Es gibt keine öffentliche Abwasserbeseitigung. Unser Wassergesetz, das 2019 in Kraft trat, gibt eine faire Kostenverteilung durch die öffentliche Abwasserentsorgung vor, und das heißt, dass durch die Neuordnung des Thüringer Wasserrechts Ortschaften und Ortsteile mit mehr als 200 Einwohnerinnen und Einwohnern an eine öffentliche Kläranlage angeschlossen werden. Das gilt auch für Ortschaften mit mehr als 50 und weniger als 200 Einwohnerinnen und Einwohnern, wenn es wirtschaftlich vertretbar ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Abwassereinleitung in die Schutzzone I oder II eines Wasserschutzgebiets für die Trinkwasserversorgung liegt. In allen anderen Ortschaften oder Ortsteilen mit weniger als 200 Einwohnerinnen und Einwohnern wird es so laufen, dass die Entsorgungsvariante im Ermessen des Zweckverbands liegt. Das heißt umgekehrt auch, dass alles über 200 Einwohnerinnen und Einwohner selbstverständlich durch die Zweckverbände anzuschließen und die Verantwortung dafür auch zu tragen ist.

Und wir haben dafür in den Haushaltsjahren 2018 und 2019 bereits insgesamt 30 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Rot-Rot-Grün verspricht nicht nur, Rot-Rot-Grün macht und liefert.

Das alles machten wir nicht am grünen Tisch, sondern gemeinsam mit dem Gemeinde- und Städtebund. Die Kommunen und das Präsidium des Gemeinde- und Städtebunds, die mit uns gemeinsam gesagt haben: Lasst uns einen Abwasserpakt auf den Weg bringen – mit der Unterschrift des Präsidiums des Gemeinde- und Städtebunds zur Frage der Finanzierung versehen, Lösungen jeweils vor Ort, Optionen und ganz klar mit den Förderrichtlinien. Die Kommunen stehen an der Seite des Umweltministeriums der Landesregierung, weil sie erkannt haben, dass 80 Prozent Anschlussgrad zu wenig sind und dass wir die Menschen damit nicht alleinlassen können.

Der zweite Punkt, den wir neu geordnet haben, ist die Gewässerqualität. Wieder weisen 80 Prozent unserer Gewässer und über 30 Prozent der Grundwasserkörper zu hohe Nährstoffkonzentrationen auf. Wir reden über zu viel Phosphor, wir reden über zu viel Nitrat. Die Folgen sind übermäßiges Algenwachstum in Gewässern und Sauerstoffnot für die Fische und in einigen Gebieten als Trinkwasser nicht mehr nutzbare Grundwasservorkommen. Haupteintragspfade sind zu zwei Dritteln Einträge aus der landwirtschaftlichen Düngung und Abschwemmungen von umliegenden Feldern, über die eben zu viele Nährstoffeinträge wie Phosphor und Nitrat in unsere Gewässer gelangen – sauberes Wasser, auch das ein Punkt, der keine Selbstverständlichkeit ist. Aber eben auch der intensive Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf unseren Feldern hat eine entsprechend unerwünschte Wirkung, ist deswegen ein Problem für die biologische Vielfalt und das Ökosystem Fluss schlechthin.

Ein Beispiel? Die obere Helme oder die untere Wipper: Das sind zwei Beispiele für Flüsse in Thüringen, die stark unter zu hohen Nährstoffgehalten mit deutlich negativen Folgen für Pflanzen und Tiere im Gewässer leiden. Unsere Bäche und Flüsse brauchen dringend mehr Luft zum Atmen, denn nur so haben wir eine intakte Umwelt, eine intakte Natur.

Das Problem ist beschrieben. Was ist also unsere Lösung? Wir richten einen fünf Meter breiten Gewässerrandstreifen innerorts ein, außerorts zehn Meter. In diesem ist eine ackerbauliche Nutzung weiterhin zulässig, aber der Einsatz, sehr geehrte Damen und Herren, von Pflanzenschutz- und Düngemitteln, ist nicht mehr erlaubt. Mit dem Gesetz wird jedem Landwirt eine Wahloption ermöglicht: Begrünt er die ersten fünf Meter ab der Uferkante dauerhaft und erhöht so die Schutzfunktion – Stichwort Bodenerosion –, steht ihm die restliche Ackerfläche zur uneingeschränkten landwirtschaftlichen Nutzung frei. Dieses Optionsmodell ist bundesweit einmalig und es wirkt.

Der dritte große Teil des Wassergesetzes betrifft den Punkt Hochwasserschutz – Jahr 2013 haben viele noch vor Augen, genauso Rustenfelde und Ilmenau im Mai 2016, Wiegendorf im Mai/Juni 2017, wo wir sehen, dass ganz besonders Starkregenereignisse verheerende Folgen haben. Mit der klimabedingten Zunahme von diesen Extremereignissen wird sich die Situation an manchen Orten noch verschärfen. Es ist unsere Pflicht vorzusorgen.

Unsere Aufgabe ist es also, Hochwasserschutz zu verbessern. Mit dem Landesprogramm Hochwasserschutz 2016 – 2021 sind die ersten Schritte eingeleitet. Deiche werden auf 110 Kilometern Gewässerlänge wieder hergestellt. Es werden Deiche rückverlegt auf 1.500 Hektar. Es geht darum, Flüssen mehr Raum zu geben. Aber das alleine reicht nicht, sondern die Auswertung der vergangenen Hochwasser- und Starkregenereignisse haben gezeigt, dass es vor allen Dingen um Wassermassen geht, die in oft unzureichend gepflegten oder unzureichend unterhaltenen Gewässern am Ende zu hohen Schäden führen, und dass wir uns diesem Problem daher widmen müssen.

Es ist also von zentraler Bedeutung, unsere Gewässer so zu unterhalten, dass die auftretenden Wassermassen möglichst schadlos abgeführt werden können. Und auch hier: Problem erkannt und die Lösung auf dem Tisch mit dem Thüringer Wassergesetz. Wir übertragen die Pflege von Bächen und Flüssen zweiter Ordnung von den über 800 Kommunen, die teilweise nur ihren Radius im Blick hatten und die oft, wenn sie ihre Probleme nicht gelöst haben, den Unterliegern das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes vor die Tür geschippt haben, auf einzugsgebietsbezogene Gewässerunterhaltungsverbände in kommunaler Trägerschaft.

Wir gründen nun in 2019 20 Gewässerunterhaltungsverbände. Das Ganze funktioniert sehr gut, beispielsweise in Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt. Dort kann man sehen, wie gut die Aufgabe gestemmt wird, wenn sie auf entsprechend vielen Schultern verteilt ist. Gewässerunterhaltung und vorbeugender Hochwasserschutz sind zwei Seiten einer Medaille.

Und schließlich: Klarheit beim Thema „Fracking“ muss auch in einem Gesetz fest verankert werden. Und deswegen machen wir das. Wir wollen unser Grundwasser in Thüringen schützen vor allen Eventualitäten, gerade beim Thema „Fracking“. Wegen der derzeit nicht absehbaren Risiken dieser Technologie für Mensch und Umwelt verhindern die Regelungen im Gesetzentwurf die im Bundesgesetz vorgesehenen Erprobungsbohrungen.

Unter dem Strich ist diese Reform die komplexeste in dieser Legislatur im Umweltbereich gewesen. Aber dieser lange Atem war nötig. Wir sichern jetzt langfristig den Schutz unserer Trinkwasserressourcen, denn Fracking wird es mit dem Gesetz in Thüringen nicht geben. Von unserem Wassergesetz werden die Menschen in Thüringen nicht nur unmittelbar profitieren, sondern der ländliche Raum wird gestärkt. Wir sorgen mit einem besseren Hochwasserschutz vor, wir sorgen für sauberes Wasser in Thüringer Flüssen und Seen, wir verteilen das, was nachgeholt werden muss, gerecht, indem das Land an vielen Stellen in Vorhand geht und Zuschüsse deutlich erhöht.

Jeder Tropfen sauberes Wasser ist kostbar. Und alles andere als selbstverständlich.