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Bewerbung als Spitzenkandidatin für Bündnis 90/Die Grünen zur Landtagswahl 2019

01.November 2018

Bewerbung als Spitzenkandidatin für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Landtagswahl 2019

Liebe Freundin, lieber Freund,

Leidenschaft: Für eine Partei? Für Politik? Ja – bei mir trifft das seit langem zu. Als Jugendliche, weil ich die Sehnsucht nach Freiheit und die friedliche Revolution in Gera erlebte. Als Schülerin, weil ich mich gegen den Raubbau an der Natur engagierte. Als neugierige Studierende in Jena in den Neunzigern, weil vieles im Umbau, Abbruch und Aufbau war, so dass ich Verantwortung in studentischen Gremien übernahm, später als grüne Kreissprecherin in Jena. Als Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete von 2009 bis 2014. Gemeinsam bauten wir eine bündnisgrüne Fraktion komplett neu auf. Und jetzt bin ich leidenschaftlich gern Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz. Ich bin mit so viel Energie und Kraft dabei, wie am ersten Tag. Weil wir es in der Hand haben – nun auch als Teil der Landesregierung –  unseren Kindern ein friedliches Europa und einen gesunden Planeten zu hinterlassen.

2019 – Das ist das Jahr, in dem sich zum 100. Mal die Weimarer Verfassung jährt. Jeder Besuch in Weimar führt mir vor Augen, dass hier die erste parlamentarische Demokratie in Deutschland besiegelt wurde – in stürmischen Zeiten. Damals wie heute such(t)en die Menschen nach politischen Werten und Überzeugungen, an denen sie sich orientieren können. Wir Bündnisgrüne haben sie. Dass wir in Bayern und Hessen so krassen Rückenwind erleben, hat genau damit zu tun. Dass wir als Landesverband wachsen, auch. Das ist so großartig! Wir setzen ganz klar auf eine proeuropäische und ermutigende Politik des Miteinanders. Und wir werden heute mehr gebraucht, als je zuvor!

2019 – Das ist auch das Jahr, in dem wir 30 Jahre nach der friedlichen Revolution als freie Menschen im Osten leben, aber zu viele damit unzufrieden sind. Mindestens eine Generation weiß heute gar nicht mehr, was die DDR-Diktatur an Unfreiheit bedeutete und eine andere verklärt sie. Fast scheint es, dass Václav Havel recht behält mit dem Satz: „Solange wir um die Freiheit kämpfen mussten, kannten wir unser Ziel. Jetzt haben wir die Freiheit und wissen gar nicht mehr so genau, was wir wollen.“ Lasst uns zeigen, was wir wollen: eine tolerante, bunte, vielfältige Gesellschaft, die zusammen hält und unsere Lebensgrundlagen schützt. Damit machen wir ein breites Angebot, das sicher viele Menschen ansprechen wird.

Wenn heute Europa als Inbegriff des Friedens von Spaltern klein geredet, der Ton in der politischen Auseinandersetzung aggressiver wird und unsere Demokratie Anfeindungen von rechts täglich widerstehen muss, sind wir als überzeugte DemokratInnen gefordert – mit unserem Mut und unserer Zuversicht. Ich stehe auch gegen Rechtsextremisten wieder mit Euch in Themar, Apolda oder Mattstedt. Aber ich will genau so, dass die Menschen die bislang hinter den Gardinen in ihren Wohnungen stehend uns als buntem Demonstrationszug von oben zuschauten, das nächste Mal mit uns für ein weltoffenes und tolerantes, ein vielfältiges und modernes Land Thüringen gemeinsam auf die Straße gehen. Darum geht es auch im Jahr 2019!

Wir Bündnisgrüne in Thüringen verändern seit vier Jahren das Land in einem progressiven Bündnis mit der Linken und der SPD und regieren erfolgreich. Wir haben es uns nach der Landtagswahl 2014 nicht leicht gemacht, in diese Regierung zu gehen. Die grüne Handschrift im Koalitionsvertrag hat uns erkennbar, die Diskussionen mit den Koalitionspartnern in der Umsetzung dessen unverkennbar gemacht.

Wir haben grüne Positionen mehrheitsfähig gemacht und durchgesetzt. Wenn ich heute die AktivistInnen im Hambacher Wald sehe, wie sie um jahrhundertealte Bäume kämpfen, weil das fossile Kohleabbau-Zeitalter noch immer nicht beendet ist, dann können wir ihnen aus Thüringen heraus zurufen: Euer Protest lohnt sich! Jeden Tag: Wir haben als Bündnisgrüne im Kyffhäuserkreis für Wildnis gekämpft. Manche sagen, erbittert gestritten. Wir haben uns durchgesetzt und für jede dieser alten Buchen im Possen war es mir das wert. Ich bin der Bürgerinitiative vor Ort noch heute für ihre Unterstützung dankbar: Denn unsere Überzeugung, das 5%-Waldwildnis-Ziel umzusetzen, tragen viele Menschen in der Region mit. Nun werden bis 2020 insgesamt rund 26.000 Hektar Waldfläche in Thüringen einer natürlichen Entwicklung überlassen. Und um das scheinbar Unversöhnliche zu versöhnen, eröffnen wir noch 2019 am Possen eine weitere Natura 2000-Station mit dem Schwerpunkt Waldnaturschutz.

Wir als Bündnisgrüne sind die einzige Partei, bei der Naturschutz eine wirklich starke Stimme hat! Wir müssen uns auch in anderen Bereichen nichts vormachen. Wir haben mit den Natura 2000-Stationen viel bewegt, das Grüne Band als Perlenkette von Biotopen errichtet. Ich möchte, dass unsere Kinder und Kindeskinder eine intakte Natur vorfinden, mit Bekassinen und Feldlerchen, mit Wiesenknopfameisenbläulingen und Bienen. Das setzt voraus, dass wir Ressourcen für sie bewahren und nicht vom Landgrabbing über Pestizideinsatz nur für unseren Wohlstand ständig überdrehen.

Deswegen brauchen wir eine andere Landwirtschaft, eine, die nachhaltig mit Ressourcen umgeht. Eine Landwirtschaft, die nicht nur für den Export auf dem Weltmarkt aufgestellt ist, sondern auf regionale Märkte und Produkte setzt. Ich will, dass wir bei der ökologischen Landwirtschaft auf mindestens 10 Prozent Anteil kommen und das können wir auch schaffen, wenn wir als Grüne noch stärker werden im Land! Das wollen wir, weil jedes Gespräch am Marktstand mit regionalen Erzeugern mir vor Augen führt, dass die Nachfrage nach biologisch erzeugten Produkten steigt, der Wettbewerb mit dem LIDL-Preisdumping aber immer schwieriger wird. Wir stehen für nachhaltige Wertschöpfung, lasst uns die Bio- und Natura-2000-Landwirte stärken. Lasst uns Pestizide von den Feldern verbannen und die Tierquälerei, die es nach wie vor in manchen Großställen gibt, ein für alle mal beenden.

Wir haben Stadt und Land im Blick. Gern wird uns von der CDU unterstellt, wir seien „nur“ eine Partei der Städter. Das ist mit Blick auf unsere Mitgliederstruktur, unsere Kreistagsmandate – die wir im Mai 2019 verdoppeln können, wenn wir richtig loslegen – und mit Blick auf die ökologische Modernisierung des Landes, wie wir sie voran treiben, kompletter Unsinn. Wir tragen die Energiewende so entschlossen in den ländlichen Raum und in die Stadt, wie keine andere politische Kraft. Letzteres zum Beispiel mit unserem Sonnenstrom-Programm Solar Invest. So können MieterInnen günstigeren Strom ernten, das ist sozial, ökologisch und innovativ. Und da wir gleichzeitig auch noch das Ladenetz für E-Autos ausbauen, können sie – wenn sie wollen – an einer der E-Car-Sharing-Stationen sogar inzwischen ganz sauber zum Einkauf oder Ausflug stromern. Das gibt es nur mit Grün. Damit jede Kommune und jeder Kreis besser werden kann, wollen wir überall KlimaschutzmanagerInnen, denn das beste Förderprogramm braucht auch Leute in der Fläche, die es umsetzen. Der Ilmkreis macht das erfolgreich vor, der Saale-Holzland-Kreis zieht jetzt nach. Mit unserem Klimagesetz unterstützen wir das!

Wir machen Thüringen mit seinen Unternehmen stark für die Zukunft. Dass nachhaltig wirtschaften sich lohnt, können die über 800 Unternehmen im Nachhaltigkeitsabkommen erzählen oder die vielen hundert Unternehmen, die mit unserer Unterstützung auf Energieeffizienz setzen (Green Invest), berichten. Sie sind unsere Klimapakt-Partner. Lasst uns mit ihnen gemeinsam Ökologie und Ökonomie in Einklang bringen, denn mit uns schreiben sie schwarze Zahlen und sind Energiegewinner.

Uns Grünen trauen die Menschen in Bayern und Hessen zu, dass wir die drängendsten Probleme lösen. Dass wir Orientierung geben und die freiheitlichen Werte verteidigen. Wir haben die größte Kompetenz, wenn die Menschen gefragt werden: „Wem trauen Sie die Lösung der Probleme der Zukunft zu?“ Wir sind die Partei der Ökologie, der Nachhaltigkeit und der sozialen Gerechtigkeit. Ohne wenn und aber. Weil wir es können, weil wir es wollen und weil wir die Kraft dazu haben. Wir sind die Zukunftspartei.

Wir haben für die freien Schulen gekämpft und damit die Wahlfreiheit der Kinder für ihren individuellen Bildungsweg gestärkt. Da, wo es unterschiedliche Konzepte und bedürfnisgerechte Bildungsangebote gibt, brechen die wenigsten SchülerInnen ihre Ausbildung ab, sind die Abschlüsse am besten. Das bestärkt mich in dem Weg, dass wir als Bündnisgrüne auch in der kommenden Legislatur für diese Wahlfreiheit kämpfen und perspektivisch die Ungleichbehandlung von freien und staatlichen Schulen abschaffen müssen. Denn uns ist jedes Kind gleich viel wert. Dafür gibt es nur eine Kraft: uns.

Wir haben uns für unsere Kleinsten und einen besseren Betreuungsschlüssel im Kindergarten stark gemacht. Und ja, es darf weiter „Kindergarten“ heißen. Es kann nicht darum gehen, dass Gebührenfreiheit gegen mehr Erzieherinnen und mehr Zeit für Kinder ausgespielt wird. Eltern brauchen Gewissheit, dass ihr Kind gut betreut und gefördert wird. KindergartenerzieherInnen brauchen Zeit für Hinwendung und Förderung. Wir sind die einzige Kraft, die diese Zeit auch einräumen will.

Wir denken Familien mit. Wir kämpfen um die Freiheit, entscheiden zu können, wo und mit welcher Hebamme geboren wird. Denn es geht um Wahlfreiheit und Vertrauen. Wir wollen gute Strukturen, die Familien tragen. Ich weiß, was es heißt, den wichtigen Platz im ausgewählten Kindergarten nicht sicher zu haben, darum zu ringen, klappt es jetzt endlich ja oder nein. Denn mehr Zeit für Kinder heißt mehr Chancengerechtigkeit, ganz gleich, wo ein Kind her kommt oder hin will.

Politik auf Kindernasenhöhe heißt auch, endlich Infrastruktur so auszubauen, dass Eltern nicht Angst um ihr Kind haben müssen, wenn es mit dem Rad zur Schule fährt. Radwege haben nach wie vor Seltenheitswert, ja, auch in einer Stadt wie Jena. Wenn wir wollen, dass die Luft gerade in den Städten sauberer wird, dann hilft nur mehr Rad, weniger fossil betriebene SUVs und ein besserer Nahverkehr. Ich frage mich schon lange, warum man in Rostock und im Eichsfeld Kindern kostenfreies Fahren mit dem Nahverkehr ermöglicht, aber in Erfurt oder Nordhausen nicht. Klimaschutz beginnt doch auf dem täglichen Schulweg. Das ist der beste Klimaschutz! Wir haben einiges geschafft, aber das ist doch erst der Anfang! Wer will, dass SchülerInnen in ab 2020 für 1 Euro pro Tag ticketlos durch ganz Thüringen fahren können, der trifft mit uns die richtige Wahl.

Ich bin leidenschaftlich gern Umweltministerin. Meine jüngste Tochter stellte mich mal einer ihrer Freundinnen als „Umwälzministerin“ vor. Manchmal kam es mir in den letzten vier Jahren wirklich so vor. Aber: Die ersten Jahre in der Koalition waren erst der Anfang. Jetzt geht es darum, unser Land weiter zu modernisieren und dabei keinen und keine zurück zu lassen. Es geht um Kinder und Familien, die wir fördern. Es geht um Klimaschutz und das Bewahren unserer Heimat, wie wir sie lieben. Und es geht um lebendige Kommunen, denn hier schlägt das Herz der Demokratie. Es geht um Chancen für alle von Anfang an, um besseres Klima in Stadt und Land, um das Ankommen im digitalen Zeitalter in Stadt und Land. Es geht um so viel.

Gemeinsam in einem grünen Spitzenteam möchte ich zuerst die Kommunal- und Europawahl für uns Grüne mit Dir zu starken Ergebnissen führen und dann mit einer deutlich größeren Fraktion am 27.10.2019 in den Thüringer Landtag einziehen. Deshalb möchte ich zum zweiten Mal Spitzenkandidatin sein.

Wir sind erfolgreich. Wir sind geschlossen. Lass’ uns 2019 zu unserem Jahr machen.

Ich bitte um Dein Vertrauen als Spitzenkandidatin zur Landtagswahl 2019!

Herzlich,

Anja Siegesmund

Erfurt/Jena, 1.11.2018