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Gastbeitrag: „Zukunft wird aus Mut gemacht“

erschienen in der Tageszeitung Freies Wort am 15.3.2019

Heute gehen in über 1600 Städten weltweit Jugendliche für die Fridays for Future-Bewegung auf die Straße. Auch in München, Berlin oder Erfurt werden Schülerinnen und Schüler fordern: Löst die Klimakrise und ermöglicht uns Zukunft. Angestoßen von dem mutigen Auftritt der 16-jährigen Greta Thunberg vor dem schwedischen Parlament und später vor Delegationen aus der ganzen Welt bei der Klimakonferenz in Kattowitz streiken Jugendliche für den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen. Eine unglaubliche Geschichte, die immer mehr Menschen inspiriert. Anspornend ist, dass jetzt eine Bewegung entstanden ist, die nachdrücklich und friedlich protestiert. Und immer mehr Wissenschaftler, Eltern und Politiker, die morgens die Zukunft am Frühstückstisch sitzen haben, können sich dieser Bewegung nicht verschließen. Das geht auch mir so.

Warum? Die Argumente sind überzeugend! Wir leben derzeit so, als gäbe es einen zweiten Planeten. Wir verbrauchen zu viele Ressourcen, vermüllen die Erde und tun zu wenig gegen das Insektensterben. Gerade die Politik muss sich mehr denn je fragen: Tun wir das Mögliche und Notwendige, um auch den Kindern und künftigen Generationen eine gute Zukunft zu ermöglichen?

Die Bundesrepublik hat seine Vorreiter-Rolle im Bereich Energiewende und Ausbau Erneuerbarer Energien längst verloren, weil wir zu lange stehen geblieben sind. Im Verkehr gehen die Kohlendioxidzahlen überhaupt nicht runter. Ökologisch leben wir über unsere Verhältnisse und heizen die Erde weiter auf. Die Folgen werden immer spürbarer, Wetterextreme nehmen zu – auch in Thüringen, wie uns der letzte Dürre- und Hitzesommer gezeigt hat. Die Daten der Thüringer Klimaagentur sind eindeutig. Der Winter 2018/2019 war erneut zu warm, gegenüber der 30-jährigen Vergleichsperiode um 2,7 Grad. Dass angesichts dieser Zahlen Jugendliche um ihre Zukunft kämpfen, sollte uns Ansporn sein.

Als bei der Weltklimakonferenz in Kattowitz das Regelbuch beschlossen wurde, hat Thüringen das erste Klimagesetz der neuen Länder verabschiedet. Wir verpflichten uns nicht nur Klimaschutz, sondern auch Klimaanpassung voranzutreiben, wie beispielsweise Hochwasserschutz. Wir streben bis 2040 an, 100 Prozent erneuerbare Energien hier in Thüringen zu produzieren. Wir wollen bis 2050 über 95 Prozent CO2 reduzieren im Vergleich zu 1990. Dabei können wir schon jetzt eine Erfolgsgeschichte erzählen: Knapp 60 Prozent sind bereits geschafft. Wir haben so viel Mittel in Klimaschutz investiert, wie in den gesamten Jahren davor nicht – 100 Millionen Euro zusätzlich zwischen 2014 bis 2019. Immer mehr Unternehmen nutzen unsere Unterstützung zur Verbesserung ihrer Energieeffizienz. Das sind gute Entwicklungen!

Jeder kann Klimaschutzprofi werden. Das bemisst sich nicht nach Alter oder Körpergröße. Christian Lindner irrt, wenn er getreu des Mottos „das-vorlaute-Kind-sollte-mal-lieber-Hausaufgaben-machen“ die Fridays for Future-Bewegung abkanzelt, indem er sagt, dass die „Profis“ ran sollen. Der Bundestag hat bekanntlich noch nicht mal den Kohleausstieg beschlossen. Und ganz ehrlich: wer würde den Kindern zuhören, wenn sie sich Sonntag 14 Uhr treffen würden?

Zukunft wird aus Mut gemacht. Wohlstand gibt es nicht ohne Klimaschutz. Das ist der Auftrag der kommenden Generationen an uns alle. Die Jugendlichen fordern den Generationenvertrag ein und erinnern uns: Wir haben die Erde nur von ihnen geborgt. Wenn auch dieser heutige Tag dazu beiträgt, dass über Umweltpolitik, Nachhaltigkeit, Klimapolitik und Erneuerbare Energien in den Schulen kontinuierlich mehr geredet wird – ganz einfach weil es der immer drängendere Wunsch der Schülerinnen und Schüler ist – wäre ein großer Schritt getan. Dann findet die Debatte nämlich auch stärker in den Schulen und erst recht an vielen anderen Küchentischen statt. Das kann nur gut sein.