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Die Zukunft der Landwirtschaft sichern – Für eine ambitionierte Grüne Architektur der Gemeinsamen Agrarpolitik

Die erneute und anhaltende Trockenheit in den Böden und vermehrte Extremwetterereignisse zeigen deutlich, wie unmittelbar der Klimawandel die Landwirtschaft in ihrer Existenz bedroht und einen grundlegenden Wandel erfordert. Wir wollen die Landwirtinnen und Landwirte jetzt auf dem Weg in eine Anpassung an den Klimawandel sowie hin zu einer ökologischeren Landwirtschaft unterstützen und damit ihre Zukunft sichern. Denn eine nachhaltigere Bewirtschaftung ist nicht nur resistenter gegen Dürren, Starknässe und Artenschwund, sie trägt auch dazu bei, dass der Anteil der Landwirtschaft an den Ursachen dieser Umweltveränderungen reduziert wird. Gleichzeitig wird die Qualität gesteigert und langfristige Produktivität dadurch gesichert.

Die Erzeugung von Lebensmittel und die Ernährung der Bevölkerung, insbesondere auch die Arbeits- und Unterbringungsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, zeigt sich gerade in der Corona-Pandemie als essentielle und besondere Herausforderung. Die laufende Arbeit an einer Reform der EU-Agrarförderung ist eine entscheidende Weichenstellung zu ihrer Bewältigung in der Zukunft. Es braucht jetzt einen ambitionierten europäischen Rahmen und in der Folge eine ambitionierte Umsetzung in Deutschland. Für die Umsetzung des nationalen GAPStrategieplans sind Entscheidungen zu den konkreten Inhalten der drei zentralen Politikinstrumente (Konditionalität, Ökoregelungen und Maßnahmen der zweiten Säule) sowie zur Eindämmung des Verwaltungsaufwandes erforderlich. Bereits bei der Übergangsverordnung sind entsprechende Weichen zu stellen.

 

1. Ausreichende Finanzierung für die Herausforderungen

Die Landwirtschaft in Europa steht vor besonderen Herausforderungen: Sie muss einerseits die Nachfrage nach Nahrungsmitteln, tiergerechter Haltung, Bioenergie und stofflich genutzter Biomasse gerecht werden, andererseits ist sie für etwa ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und trägt zu einem wesentlichen Teil zur Belastung unserer Gewässer mit Nährstoffen und Pflanzenschutzmitteln sowie zum massiven Rückgang der Artenvielfalt in den Agrarökosystemen bei. Um die gesetzten Umwelt- und Klimaziele (Stichwort Green Deal) zusammen mit der Landwirtschaft erreichen zu können, braucht es ein ausreichend finanziertes Budget für die Ausgestaltung der Grünen Architektur. Bereits in der GAP-Übergangsphase ab 2021 müssen deutlich mehr Mittel für Umwelt-, Klima- und Naturschutz zur Verfügung stehen.

 

2. Konsequente Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft

Die Ökosystemleistungen der Kulturlandschaften sind wieder stärker in den Blick zu nehmen und zu mehren. Ziel ist es, stabile Systeme zu schaffen bzw. zu erhalten, mit denen Umwelt-, Naturschutz- und Klimaleistungen in vollem Umfang erbracht und dauerhaft stabile Erträge zur Ernährungssicherung erreicht werden. Die für Umwelt zuständigen Ressorts sind bei der Ausgestaltung des nationalen GAP-Strategieplanes zwingend zu beteiligen und ihnen erwägungs- und entscheidungsrelevante Unterlagen bereits in der Phase der Diskussion zur Verfügung zu stellen. Bereits bei den nationalen Definitionen für die einzelnen förderbaren Flächenkategorien (z.B. förderbare Fläche, Dauergrünland, Ackerfläche) sind Umwelt- und Naturschutzziele stärker zu berücksichtigen. Verwaltungstechnische Vorschriften wie z.B. die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Einheitswerte dürfen die Umwelt-, Naturschutz- und Klimaförderung nicht beeinträchtigen. Sie sollten so ausgestaltet werden, dass sie eine Teilnahme an der Agrarumwelt- und Klimaförderung befördern.

 

3. Ambitionierte Konditionalität durch Kernanforderungen

Die „Erweiterte Konditionalität“ ist die Zusammenlegung des bisherigen Greenings mit den Cross Compliance-Regelungen, die allerdings mehr sein soll als die Summe der Einzelregelungen. Wir erachten eine starke und ambitionierte Konditionalität als europaweit verbindlich geltende Grundbedingung zum Bezug von Direktzahlungen für dringend erforderlich. Mit ihr werden einheitliche Mindeststandards im Umweltbereich gesichert und einen Wettstreit um die niedrigsten Umweltauflagen verhindert. Um die Umwelt-, Naturschutz- und Klimaziele zu erreichen, muss auch in der Agrarlandschaft mindestens 10 Prozent der Flächen dem Biotopverbund dienen. Die Schaffung der dazu notwendigen Refugialflächen soll durch eine Kombination aus Mindestanforderung (Konditionalität), Öko-Regelungen und AUKM sichergestellt werden. Die CO2Senkenfunktion der Landwirtschaft muss im Rahmen der Konditionalität insbesondere durch einen strikten Schutz von Moorböden und den Erhalt von Dauergrünland stabilisiert werden.

 

4. Die GAP auf die Honorierung öffentlicher Leistungen ausrichten

Wir erwarten eine verpflichtende Einführung von Ökoregelungen (ecoschemes) in allen Mitgliedstaaten und ein klares Signal, dass mit entsprechender finanzieller Ausstattung der Ökoregelungen und der zweiten Säule ein signifikant größerer Anteil der EU-Agrarförderung in die Ökologisierung der Landwirtschaft fließt als bislang. Mit den Ökoregelungen und den Umschichtungsmitteln sind die zusätzlich erforderlichen Maßnahmen zum Biodiversitäts-, Klima- und Gewässerschutz, zum Umbaus der Tierhaltung sowie zur Erreichung eines Ziels von bundesweit mindestens 20 % für den Ökolandbau zu finanzieren. Das neue Instrument der Ökoregelungen ist nur dann zielführend, wenn diese auf wenige wirksame bundesweit anwendbare Maßnahmen beschränkt sind und die Zahlungen maßnahmenbezogen sind, so dass die Landnutzerinnen und Landnutzer nur für die Flächen, auf denen wirksame Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen umgesetzt werden, die zusätzliche Prämie erhalten. Maßnahmen der zweiten Säule hingegen können regionalspezifisch und zielgenau durch die Länder programmiert werden. Durch Zahlungen für gesellschaftliche Leistungen wird die staatliche Unterstützung der Landwirtschaft durch eine gemeinsame Europäische Agrarpolitik dauerhaft begründet und damit abgesichert. Auf lange Sicht ist ein weiteres schrittweises Abschmelzen der ausschließlichen Einkommensstützung unvermeidlich. Die Zahlungen für Umwelt-, Naturschutz- und Klimaleistungen sowohl der ersten als auch der zweiten Säule sollten so ausgestaltet werden, dass die Leistungen angemessen honoriert werden und die Landwirtinnen und Landwirte damit einen Einkommensbeitrag erwirtschaften können. In den Agrarumwelt- und Klimaförderprogrammen sollten vermehrt anspruchsvolle Maßnahmen angeboten werden und wenig wirksame Maßnahmen aufgegeben werden.

 

5. Kappung der Direktzahlungen

Bisher haben aufgrund des Flächenbezugs besonders große Betriebe hohe Subventionen erhalten, obwohl einige Unternehmen mit geringem Arbeitskräfteeinsatz in Folge der gegebenen Kostendegression und der Skaleneffekte weniger Einkommensunterstützung benötigen würden. Eine aus diesem Zusammenhang entstehende eventuelle Kappung der Direktzahlungen soll die vollen Arbeitskosten eines Betriebes bei der Obergrenze berücksichtigen. Hieraus freiwerdende Mittel müssen in den jeweiligen Ursprungsbundesländern verbleiben

 

6. Gekoppelte Prämien für weidende Schafe und Ziegen

Wir benötigen die Leistungen der Schaf- und Ziegenhalter für den Naturschutz und erkennen, dass diese Leistungen derzeit nicht im erforderlichen Umfang entlohnt werden. Daher sind hier an die Beweidung gekoppelte bundesweit einheitliche Prämien notwendig.

 

Mit freundlichen Grüßen

Die Ministerinnen und Minister

Franz Untersteller, Baden-Württemberg

Dr. Dirk Behrendt, Berlin

Prof. Dr. Claudia Dalbert, Sachsen-Anhalt

Dr. Maike Schaefer, Bremen

Jens Kerstan, Hamburg

Anja Siegesmund, Thüringen

Priska Hinz, Hessen

Ulrike Höfken, Rheinland-Pfalz

Jan Philipp Albrecht, Schleswig-Holstein

Axel Vogel, Brandenburg

Wolfram Günther, Sachsen

 

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